Brügges Belehrungen: Besser schreiben

Foto: drcornelius

Ich habe vergangene und diese Woche an der Evangelischen Medienakademie einen Kurs für Volontäre gegeben – im Kern ging´s darum, wie man Texte schreibt, die gerne gelesen werden. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber nicht. Gestern etwa in der FAZ: Die Redaktion hat sich die Mühe gemacht, die Nachricht über fehlende Hochqualifizierte in Deutschland selbst zu schreiben, ich fand das Thema interessant, las und dachte: Oh Gott. Ohgottohgottohgott.

Ein Auszug: “Der Anteil der Hochqualifizierten an der Bevölkerung ist in Deutschland in den vergangenen fünf Jahrzehnten nur wenig gewachsen. Das geht aus der Studie “Bildung auf einen Blick” der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, die am Dienstag in Berlin von Cornelia Quennet-Thielen, der Staatssekretärin im Bundesbildungsminsterium (BMBF), von Johanna Wanka (CDU), der niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, sowie von Andreas Schleicher, dem Leiter der OECD-Abteilung Bildungsindikatoren und -analysen, vorgestellt wurde. (…) Auch gemessen am derzeitigen Anteil der Hochschulabsolventen in der relevanten Alterskohorte, der mit 29 Prozent deutlich unter dem OECD-Durchschnitt (39 Prozent) liegt, rangiert Deutschland an hinterer Stelle.”

Ja. So wie dieser Text an hinterer Stelle in Sachen Lesefreude rangiert.

Deshalb ein paar einfache Regeln, die dafür sorgen, dass ein Text beim Leser nicht sofort akute Narkolepsie (zu Deutsch: er pennt ein) auslöst.

  • Vermeide Fremdwörter! Gerade bemerkt? Ich schrieb “Narkolepsie” – was natürlich ungemein bedeutsam klingt, an dieser Stelle aber nichts anderes meint als: Schlafen. (Journalistische) Texte sind aber nicht dafür da, die Klugheit des Schreibers zu beweisen, sondern den Leser zu informieren und zu erfreuen. Liefert das Fremdwort also keinen Mehrwert gegenüber dem deutschen Begriff – wähle das Deutsche! Das hat nichts mit Sprach-Nazitum zu tun, es geht darum, möglichst wenig Leser auszuschließen. Und das tun Fremdwörter…
  • Vermeide Substantive! Zumindest dort, wo sie durch Verben ersetzt werden können. Ein Beispiel: “Zürich, in der römischen Namensgebung Turicum genannt…” Klingt doch ganz normal? Ja, aber warum nicht schreiben: “Zürich, von den Römern Turicum genannt”? Liest sich aktiver, weil jemand handelt. Verben werden in der Grundschule nicht umsonst “Tu-Wörter” genannt – also tu was!
  • Vermeide Füllwörter! “Es ist eigentlich gar nicht so schwer, irgendwie lesbare Texte zu schreiben – aber doch gelingt es den meisten nicht, Schreiben will halt gelernt sein.” Und so liest sich dieser Satz ohne Wortmüll: “Es ist gar nicht so schwer, lesbare Texte zu schreiben – aber es gelingt den meisten nicht, Schreiben will gelernt sein.” Klingt doch gleich viel flüssiger, irgendwie.
  • Vermeide Einschübe! Texte lesen sich – das sollte jedem bekannt sein – besser, wenn man auf Einschübe verzichtet. Das gilt auch für Nebensätze, sie können zwar interessante Zusatzinformationen enthalten, lenken aber so den Leser ab, die man an den Hauptsatz anschließen sollte. Faustregel: Pro Hauptsatz nur ein Nebensatz, Hauptinformation in den Hauptsatz, Zusatz-Infos in den Nebensatz.
  • Verwende Adjektive! Aber klug und sparsam. Adjektive machen Texte lebendiger, sie erzeugen Bilder beim Leser. “Die Kandidatin trug ein Kostüm, eine Brille und Pumps. Während ihrer Rede hielt sie sich am Pult fest und schaute mehrfach auf ihr Manuskript.” Und jetzt mit Adjektiven: “Die Kandidatin trug ein stahlgraues Kostüm, eine randlose Brille und hochhackige Pumps. Während ihrer Rede hielt sie sich nervös am Pult fest und schaute mehrfach fahrig auf ihr Manuskript.” Da kann man sich die Frau doch gleich viel besser vorstellen beim Lesen.
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.