Gedenkstätten-Touris

Foto: Davidschoe

New York hat eine Touristen-Attraktion mehr. Man muss nicht sonderlich zynisch sein, um vorherzusagen: Das 9/11-Memorial wird ein Anziehungspunkt für Besucher werden. Schon jetzt muss man lange auf einen Zutritts-Pass für das Denkmal warten.

Ein Foto vor einem der gewaltigen Becken, in die unablässig Wasser stürzt, wird künftig zum Foto-Pflichtprogramm dazugehören – wie Freiheitsstatue, Empire State Building und Brooklyn Bridge.

Am Holocaust-Mahnmal in Berlin lässt sich beobachten, dass viele Touris Gedenkstätten offenbar als ein weiteres Hintergrund-Motiv beim Stadtbummel betrachten: Grinsend, gern auch in kurzen Hosen posiert man vor einer der grauen Stelen. Vermutlich gibt es schon Souvenir-Shops, die T-Shirts verkaufen mit dem Aufdruck „I´ve been at the Holocaust Mahnmal – and I survived“. Neulich sah ich ein Foto in einem sozialen Netzwerk: Ein junger Mann lehnt lässig an einer Stele, ein Bein angezogen, den Fuß gegen den Beton gestemmt. Als sei´s eine Laterne auf dem Montmartre.

Wer jemals in dem Stelenfeld von Berlin war, jemals umfangen war von diesem beklemmenden Grau, von diesen Quadern, die immer höher über den eigenen Kopf wachsen, bis man nur noch Beton sieht… Ich möchte persönlich jeden dieser Deppen ohrfeigen, die über das Feingefühl eines Vorschlaghammers verfügen.

Übrigens: Schwedens Kronprinzessin Victoria hat bei ihrem Berlin-Besuch natürlich auch das Mahnmal besucht. Auf den Bildern steht sie in einem ärmellosen Kleid in Schlangenleder-Optik zwischen den Stehlen, lächelnd und in passenden hochhackigen Pumps. Auf „Spiegel Online“ wurde sie hinterher dafür gelobt, immer „absolut stilsicher“ aufgetreten zu sein.

Mal sehen, wann die ersten Fotos mit Grinse-Touris vorm 9/11-Memorial bei Facebook auftauchen.

 

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